Lima, den 2. April 2019; Rückkehr steht an

Langsam orientiert sich das Gehirn wieder auf die bevorstehende Rückkehr. Freitag um 14:00 Flug nach Panama, Abends weiter nach FFM mit LH. Und am Samstag gegen 14:00 Uhr holt uns Hanne von Flughafen ab. Wie immer. Wie oft meine Schwester uns schon an den Flughafen gebracht und abgeholt hat, das geht auf keine Kuhhaut.

Ich freu mich, ja. Auf unser Holzhaus, mein Zimmer, das Tal, die Lieben. Die Nachbarn werden, wenn es hochkommt sagen: wo wart ihr denn so lange? Nur Manfred wird mich ausquetschen. Die Anderen haben vergessen, was wir vorher erzählten. Wir hatten Werbung gemacht, wollten noch den einen oder anderen Paten gewinnen. Nun ja. Und dann wird mich das Leben in D wieder aufsaugen und alle Vorsätze, nicht so deutsch zu sein, ein wenig mehr Latino zu bleiben, die werden wieder langsam im Nirvana verschwinden.

Im Park liegt einer unterm Baum und schläft. Mitten am Vormittag. Hat der nix zu tun? Sieht nicht aus wie ein arbeitsloser Penner. Ein Anderer sitzt auf einer Bank und tut auch nix. Wenigstens scheint der ein Handy zu haben. Und ich tippe. Ist auch was getan. Wieso ist uns das dermaßen eingefleischt, immer was tun zu müssen? Wieso können wir so schwer nichts tun? Ja gut, etwas Sinnvolles tun macht Spaß. Nix tun könnte es auch. Abwechselnd. Versuchs mal, nix zu tun. Drei Minuten wirst du es nicht aushalten. Jede Wette. Mindestens dein Gehirn wird dich dann plagen. Dieses unbedingt was tun müssen ist in D besonders ausgeprägt und extrem auf dem Land. Rentner kaufen sich einen alten Traktor und machen Holz, streichen an, schneiden Bäume und Sträucher und ziehen erst, wenns dunkel wird, den Blaumann aus.

Ich hasse diese Atmosphäre des immer währenden etwas tun müssen. Sie nimmt mir die Ruhe, selbst nix zu tun, erinnert mich, dass da noch viele unerledigte Sachen liegen und die Büsche schon ganz schön hoch sind. Die letzten Jahre hab ich den Apfelbaum radikal bis auf die inneren Äste geschnitten (ja, ja, ich gehöre auch dem Apfelbaumschneideverein an). Im Herbst und im Frühjahr. Das hat der Apfelbaum mit erhöhtem Wachstum gedankt. Und riesig dicken Äpfeln. Eine Handvoll nur, aber immens waren sie. Es waren Winteräpfel. Ein Dutzend konnte ich ernten, der Rest war von Vögeln angefressen und runter gefallen. Über den Winter sind alle Äpfel verfault. Und doch plagt mich das schlechte Gewissen, den Baum machen zu lassen was er will. In Südamerika kann ich das lockerer angehen. Gut, hier hab ich keinen Apfelbaum. Aber wenn ich einen hätte….

Was mich richtig fuchst ist die zunehmende Tendenz meiner Conpatriotas, Hecken und Bäume abzumachen. Ich liebe Bäume. Neuerdings ist das Argument, sie könnten beim Sturm aufs Dach fallen. Das ist so, als wenn man sich alle gesunden Zähne ziehen lässt weil sie ja faulen könnten. Und dann machen sie Dreck! Ja. Die Linde beschmutzt die Fahrbahn. Ich fasse es nicht. Und die Straßen und Wegsäume werden konsequent abgesäbelt. Dass Hecken wichtig sind für die Kleintierwelt, interessiert nicht. Sie stören das Sauberkeitsempfinden. Und außerdem haben die Wegewärter jetzt solch ein Gerät, dass Hecken den Rain hinauf bis auf die Grasnabe kürzen kann. Das muss eingesetzt werden.

In Santa Cruz gibt es eine Bürgervereinigung, die konsequent das Bedürfnis der geradlinigen Bürokraten stört und Bäume schützt. Manche Baumwurzeln sind regelrechte Stolpersteine für Fußgänger, bei manchen gewinnt der Baum und der Fußgängerweg wird um ihn herum angelegt. Ich finde das richtig. Der Baum, mein Freund.

Jetzt bin ich richtig sauer geworden. Ich möchte gerne ungezügelter leben können, ohne Druck durch Konventionen, die ich nicht einsehe, denen ich folge, die mir eingefleischt wurden. Das ist der Nachteil beim Heimkommen.

3 Kommentare zu „Lima, den 2. April 2019; Rückkehr steht an

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  1. Ich muss Dich mal wieder besuchen (oder umgekehrt), damit wir den „Konventionen-Frust“ teilen können – geteiltes Leid ist halbes Leid, aber Wiedersehensfreude wäre doppelt!

  2. Ich muss Dich mal wieder besuchen und Deinen „Konventionen-Frust“ mit Dir teilen – geteiltes Leid ist halbes Leid, aber Wiedersehens- Freude wäre doppelt (nehme ich mal an).

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